2 Klimastiftung MV - Vorgeschichte und Gründung

 

Die Gründung der Stiftung

 
Die Vorgeschichte der Gründung der Klimastiftung M-V
Am 27. 11. 2020 berichtet der NDR über die Idee, eine Stiftung zu gründen, mit der Sanktionen der USA gegen den Bau von Nord Stream 2 umgangen werden sollen. Die Planungen für die Stiftung, die zentral in der Staatskanzlei gesteuert worden sein sollen, seien nahezu abgeschlossen.
 
Wohlmöglich ist das Prozedere zur Gründung der Klimastiftung M-V Ende November 2020 kurzfristig ins Stocken geraten, weil die Bundesregierung kein "grünes Licht" für das Vorgehen der Landesregierung M-V in dieser Sache gegeben hat.
 
Bei regelmäßigen Treffen mit Geue und Pegel brachte Nord Stream 2 immer wieder die US-Sanktionen zur Sprache. In einem der Gespräche sollen die Gas-Lobbyisten dann mit Hinweis auf skandinavische Modelle die Idee einer Stiftung ins Spiel gebracht haben. Eine Stiftung sei dem Sanktionsdruck aus den USA juristisch entzogen, heißt es. Stiftungschef solle Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) werden. Sellering gilt als Vorkämpfer für gute deutsch-russische Beziehungen. In seiner Amtszeit führte er die "Russlandtage" als Forum des Wirtschaftsdialogs ein. Sellering hat gute Verbindungen, unter anderm zu seinem Parteifreund, Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Der ist Verwaltungsratschef der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream 2, so der NDR am 27. 11. 2020. Insider sprächen mit Blick auf die Stiftung von einem "geschickten rechtlichen Kniff".
Die geistige Urheberschaft für die Idee der Stiftung bleibt unklar: "Der Vorschlag, die Stiftung ins Leben zu rufen", sagte Sellering in einem Interview mit der Schweriner Volkszeitung, "kam direkt von Nord Stream 2."
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte Ende April 2022 noch vor Journalisten gesagt: „Die Idee zur Gründung ist innerhalb der Landesregierung vom damaligen Energieminister Pegel entwickelt worden.“ Den Satz hatte der heutige Innenminister Christian Pegel (SPD) anschließend auf der Landespressekonferenz relativiert: „Ich bin nicht so vermessen zu sagen, ich bin der Einzige der diese Idee hatte.“
Pegel räumte später aber ein: „Sie kreieren keine Satzung für eine Stiftung, ohne mit den Beteiligten, die sie hinterher umsetzen sollen, zu sprechen und deren Bedarfe aufzunehmen”. Der Pipeline-Betreiber war den Aussagen nach bereits früh involviert. „Ich bin nicht so vermessen zu sagen, ich bin der Einzige, der diese Idee hatte”, so Pegel. Aufseiten von Nord Stream habe es einen Gesprächspartner gegeben, mit dem wiederholt die Sanktionsgesetzgebung der USA gegen am Pipeline-Bau beteiligte Firmen ausgewertet worden sei, erklärte Pegel. Dabei sei erörtert worden, wie ein Schutzschirm für bedrohte Unternehmen aufgespannt werden könne.
 
Der vormalige Energieminister Pegel zu den Einzelheiten bei der Vorbereitung der Stiftungsgründung: "Ich war derjenige, der die Details und die Satzung ausgearbeitet hat und bin daher sozusagen eine der primären Quellen ...Wir mussten eine große Distanz zwischen dem Land und der Stiftung herstellen. Es durften zum Beispiel keine Landespolitiker im Vorstand der Stiftung sitzen, wie es bei vielen anderen Organisationen üblich ist. Die Stiftung sollte ja ein Schutzschirm für Unternehmen aus MV werden und wir wollten nicht, dass sich der amerikanische Sanktionszorn nun auf das Land umschlägt. Wir konnten nicht vorhersehen, wie die USA darauf reagieren. Deswegen wissen wir bestimmte Dinge einfach nicht, weil die Stiftung unabhängig arbeitet. Sie alleine können entscheiden, ob sie Informationen preisgeben oder nicht.."
 
Am 11. 3. 2023 Berichtet die „WELT AM SONNTAG“ dass die international tätige Wirtschaftskanzlei „Freshfields Bruckhaus Deringer“ als Verfasserin des ersten Satzungsentwurfs für die Stiftung Klima- und Umweltschutz Mecklenburg-Vorpommern infrage kommt. Die digitalen Metadaten der Datei, des Word-Dokuments, des Satzungsentwurfs sollen die Kanzlei ,Freshfields Bruckhaus Deringer' als Verfasserin ausweisen. Die Kanzlei arbeitete zu der fraglichen Zeit eng mit dem russischen Staatskonzern Gazprom und der Nord Stream 2 AG zusammen. Denn die Juristen von Freshfields hatten die Nord Stream 2-Gesellschaft, einen Ableger des russischen Energiekonzerns Gazprom, zuvor in einem Streit über die Regulierung des europäischen Gasmarktes vertreten. Der damalige Energieminister und heutige Innenminister Christian Pegel betonte in der Vergangenheit derweil immer wieder, die Satzung im Wesentlichen selbst verfasst zu haben. Die Beteiligung einer Anwaltskanzlei verneinte Pegel wiederholt. Pegel habe Kontakt mit Nord Stream 2, nicht aber mit der Kanzlei Freshfields gehabt. In dem Entwurf seien „unterschiedliche Anregungen wie Formulare und Vorlagen“ eingesetzt worden. „Die Metadaten deuten darauf hin, dass ich die von mir erstellte Satzung in der besagten Datei zusammengeführt habe, da diese bereits die für eine Satzung üblichen Formatierungen enthielt“, sagte Pegel.
Der Verdacht der russischen Einflussnahme nährt sich durch eine E-Mail, die Pegel – verantwortlich damals für das Energieressort – im November 2020 an den Leiter von Schwesigs Staatskanzlei versandte. Der Minister fügte der E-Mail zwei Word-Dokumente bei. Eines beinhaltete einen Entwurf für die Satzung der seinerzeit vor der Gründung stehenden Klimastiftung.
 
Zu Sanktionen der USA gegen den Pipelinebau Dezember 2019, Dezember 2019,   Januar 2021Februar 2021. Im Mai 2021 hatte US-Präsident Biden die Sanktionen ausgesetzt,  im Juli 2021 hatte Biden nach Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel die Sanktionen aufgehoben.
Für helle Empörung hatte im August 2020 ein Droh-Brief von drei US-Senatoren an Vertreter der Stadt Saßnitz und den Hafen Mukran gesorgt, die vor einer Beteiligung am Weiterbau von Nord Stream 2 warnten.
 
Die seinerzeitige Bundeskanzlerin Merkel soll am 18. 12. 2020 in einem Gespräch mit Ministerpräsidentin Schwesig die Pläne zur Gründung der Stiftung kritisiert haben.
Bereits im Zeitraum ab Ende November 2020 habe Schwesig dazu mit dem damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem damaligen Außenminister Heiko Maas (SPD) telefoniert, berichtet der Tagesspiegel am 22. 6. 2022 . Über Ministerpräsidentin Schwesig und den seinerzeitigen Innenminister Pegel sowie den seinerzeitigen Wirtschaftsminister Glawe sollen auch die seinerzeitigen Bundesminister Maas und Altmaier informiert worden sein.
Dazu der seinerzeitige Energieminister Pegel: "Wir hätten uns aber sicher sehr gefreut, wenn die Bundesregierung ihre Möglichkeiten genutzt hätte. Wir haben darum gebeten, das ist aber nicht gelungen. Also mussten wir selbst aktiv werden. Wir hatten ja hier im Land mittelständische Unternehmen, die direkt von möglichen US-Sanktionen betroffen gewesen wären. Dafür wollten wir einen Schutzschirm schaffen."
 
Bei der Vorbereitung der Stiftungsgründung hat es eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Nord Stream 2 AG und den Spitzen der Landesregierung M-V gegeben.
 
 
Am 7. 1. 2021 beschloss der Landtag Mecklenburg-Vorpommern die Errichtung einer  „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“.

Der Antrag der Landesregierung auf Drucksache 7/5696 ist bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU und LINKE sowie der fraktionslosen Abgeordneten und Enthaltung aus Teilen der Fraktion der AfD sowie dem fraktionslosen Abgeordneten angenommen. (Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen ist erst seit der 8. Legislaturperiode / Herbst 2021 wieder im Landtag Mecklenburg-Vorpommern vertreten.)

Hier das Plenarprotokoll der Landtagssitzung mit allen Redebeiträgen, insbesondere der aus der Perspektive Anfang 2023 lesenswerten Rede von Ministerpräsidentin Schwesig und dem Abstimmungsverhalten dazu:
 
Schwesig am 7. 1. 2021 auf Twitter 
@ManuelaSchwesig
Warum gründen wir eine Klima- und Umweltstiftung?
 
Hier das sog. "Stiftungsgeschäft" der Landesregierung über die Errichtung einer Stiftung bürgerlichen Rechts.
 
Bereits am 8. 1. 2021 spricht das Justizministerium M-V als Stiftungsbehörde die Anerkennung der Stiftung nach  § 80 BGB in Verbindung mit § 2 des Landesstiftungsgesetzes vom 7. Juni 2006 aus.
 
Entgegen dem üblichen Procedere wurden auch keine Landtagsausschusse beteiligt.
 
Die Studentin Theresia Crone war bis zur Gründung der Klimastiftung M-V Kopf des „Rats für Umwelt und Nachhaltigkeit“, den die Landesregierung 2019 ins Leben rief, um Kritik junger Menschen der Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) aufzunehmen – oder besser: einzufangen? „Die Gründung der Klimaschutz-Stiftung, um die fossile Infrastruktur zu schaffen, überschreitet eine Grenze“, erklärt Crone. Das widerspreche sich. Damit geht die junge Klima-Aktivistin wie verschiedene Umweltverbände zu Schwesig auf Distanz. BUND, WWF, Nabu und die Michael-Succow-Stiftung lehnen die Stiftung ab. „Die Nord-Stream-Stiftung ist Etikettenschwindel“, sagt Theresia Crone.
 
19. Mai. 2021: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat beim Verwaltungsgericht Schwerin Klage gegen die vom Gaspipelineprojekt Nord Stream finanzierte Stiftung Klima- und Umweltschutz MV eingereicht. Ziel der Klage ist es, den Anerkennungsbescheid der Stiftung aufzuheben. Die DUH argumentiert, dass der Klima- und Umweltschutz der Stiftung lediglich als Vorwand diene. Ihr tatsächlicher Hauptzweck sei es vielmehr, über einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb den Weiterbau der Pipeline Nord Stream 2 zu ermöglichen. Dies verstößt nach Überzeugung der DUH gegen das Stiftungsrecht.

Am 15. 7. 2021 lehnt das Oberverwaltungsgericht Greifswald den Eilantrag gegen die Gründung der Stiftung Klima- und Umweltschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern ab. Der Umwelthilfe sei nicht befugt, solch einen Antrag zu stellen. Würde es um Umweltrecht gehen, wäre dies möglich, nicht aber, wenn es um das Genehmigungsverfahren einer Stiftung geht, so das Oberverwaltungsgericht.

Im Zusammenhang mit Klagen von Umweltverbänden gegen Nord Stream (1) sind bereits 2011 die Ostseestiftung und 2014 die Baltic Sea Conservation Foundation (BSCF) und  gegründet worden. Beide Stiftungen wurden mit Geld der Nord Stream (1) AG ausgestattet.

In einer ausführlichen Pressekonferenz am 7. 3. 2023 nimmt der Stiftungsvorstand auch zum Stellenwert des ideellen Stiftungszwecks "Klima- und Umweltschutz" Stellung und behauptet eine Vergleichbarkeit der Klimastiftung M-V mit der Ostseestiftung und der BSCF, die aber gerade bei den jeweiligen Gründen für die Errichtung und den Gründe für die Finanzierung durch die Nord Stream AG nicht vorliegt. Bei Interesse an dem Video von der Pressekonferenz bitte Mail an mail [at ] aktenoeffner.de .
 

Querverbindung zum Verein "Deutsch-Russische Partnerschaft e.V." : 

Der von Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD)  2019 gegründeter Russlandverein bekommt bis 2022 aus dem umstrittenen Strategiefonds des Landes 600.000 Euro Steuergeld "Anschubfinanzierung" - pro Werktag sind das 600 Euro. Die Geschäftsführerin des Vereins, Madeleine Block, baut nebenbei die Klimaschutzstiftung auf. Sie macht das im Rahmen einer Nebentätigkeit für maximal vier Monate - offenbar bezahlt aus der Vereinskasse.  Sellering lässt Klimastiftung bei Russlandverein unterkommen | NDR.de - Nachrichten - Mecklenburg-Vorpommern

Es gibt Verflechtungen mit Verein Deusch-Russische Partnerschaft M-V und mit der AnStiftung M-V.

Klimastiftung nutzte Anfangs die Räume des Vereins Deutsch-Russische-Partnerschaft M-V

Der Referent für Bürgerbeteiligung Dr. Sebastian Kalden ist im Vorstand der Anstiftung M-V https://www.anstiftung-mv.de/ueber-uns/vorstand/.

Der Gründer der Anstiftung Dr. Wolf Schmidt setzt sich sehr für den Erhalt der Klimastiftung ein.

 
 

Querverbindung zur Nord Stream 2 AG

Die Gründung der Klimastiftung M-V ist in detaillierter Zusammenarbeit zwischen den Spitzen der Landesregierung, insbesondere dem seinerzeitigen Energieminister Pegel und den seinerzeitigen Chef der Staatskanzlei M-V, Geue, vorbereitet worden.
Der Gründung voraus gegangen waren Gespräche in kleinstem Kreis zwischen Ministerpräsidentin Schwesig und dem Geschäftsführer von Nord Stream 2 AG, Warnig. Die Formulierung der Satzung der Klimastiftung ist bis in Details hinein auf oberster Ebene der Landesregierung mit Vertretern der Nord  Stream 2 AG abgestimmt worden.
Umfangreiche Belege bei FragdenStaat.

Nach den Spitzengesprächen erfolgte die Korrespondenz seitens der Nord Stream 2 AG durch Steffen Ebert. Steffen Ebert, seinerzeit Pressesprecher der Nord Stream 2 AG, war Vorstandsmitglied in Sellerings Verein Deutsch-Russische Partnerschaft. Nord Stream 2 gehört zum russischen Staatskonzern Gazprom

 

Kritik des Landesrechnungshofs M-V und des Zukunftsrats M-V:

Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern wurde bei der Gründung der Klimastiftung M-V nicht beteiligt.  Dabei hatte die Prüfbehörde sich bereits frühzeitig gemeldet: Als erste Pläne Ende vergangenen November öffentlich wurden, bat der Rechnungshof um Informationen zu der Stiftung. Das SPD-geführte Energieministerium ignorierte die Anfrage der Finanz-Kontrolleure. Die ließen angesichts der Brisanz der Angelegenheit nicht locker und bohrten nach, als der Landtag die Gründung per Beschluss formal vollzogen hatte - allerdings wieder zunächst ohne Ergebnis. Dass die Regierung den Rechnungshof umgangen hat, gilt als ungewöhnlich. Normalerweise wird ein vertrauensvoller Umgang gepflegt. 
Auch ohne formelle Beteiligung sah der Landesrechnungshof M-V finanzielle Risiken und Doppelstrukturen, da bereits zwei entsprechende Stiftungen bestehen würden.
Auch der von Ministerpräsidentin Schwesig im September 2020 einberufene Zukunftsrat M-V hat der Gründung der Klimastiftung widersprochen. Die beiden Vorsitzenden des Zukunftsrates, Dr. Franziska Tanneberger und Prof. Dr. Henning Völpel warnten im Januar 2021 in einem Brief an die Regierungschefin ausdrücklich vor der Einrichtung solcher Stiftung in Zusammenarbeit mit dem russischen Gaskonzern. Man habe den Eindruck, „dass das Thema Klima- und Umweltschutz in dieser Stiftung nicht substantiell genug untersetzt ist“, heißt es in dem Schreiben der beiden Wissenschaftler, das die SVZ am 19. 4. 2022 zitiert. 

 

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